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Es gibt inzwischen viele Experten, Meinungen, Diskussionen rund um Industrie 4.0.
Immer öfter beschleicht einen der Eindruck, dass den wenigsten klar ist, dass für in
der Praxis funktionierende Industrie 4.0-Ideen sehr viel Detailarbeit nötig ist – ein
Blick hinter die Kulissen der Industrie 4.0 Working Group von PI.
Tatsache ist, dass viele der Themen, die mit Thema der Zukunft –
IoT und Industrie 4.0 in Verbindung gebracht Autoadressierung
werden, wie IPv6 oder TSN, nicht von der
Automatisierungsindustrie, sondern von IPv6 wird vor allem durch die IT-Branche ge-
der Informationstechnologie oder der Basis- trieben. Die Automatisierungstechnologien
Ethernet-Technologie getrieben werden. „Die werden trotzdem davon profitieren, so sind
Herausforderung ist es, zu beurteilen, welche in puncto Kommunikationstechnologie die
von diesen vielen Detailfunktionen denn ei- Autoadressierung und neue Namenskonzep-
gentlich benötigt werden“, beschreibt Xaver te interessant. „In Zukunft werden nicht mehr
Schmidt, Leiter der Working Group ‚Industrie einfach IP-Adressen, wie wir sie kennen, ver-
4.0‘ von PI (PROFIBUS & PROFINET Internatio- geben, sondern diese werden viel länger und
nal) die derzeitige Situation. Und dies ist an- schwieriger. Diese manuell nachzutragen oder Ohne Security ist kein
gesichts der unterschiedlichen Anwendun- zu verwalten, ist schlicht nicht mehr möglich, Industrie 4.0 möglich
gen, Branchen und Interessen gar nicht so da viel zu viele Fehler passieren würden. Hier
einfach. Die Working Group ‚Industrie 4.0‘ von benötigen wir intelligente Mechanismen der Security ist seit jeher integraler Bestandteil
PI ist daher international aufgestellt (Mitglie- Autoadressierung“, erklärt Schmidt. Ähnliches der PI-Technologien. „Bei aller Dringlichkeit:
der aus China, Japan, USA und Europa), be- gilt für die Namensauflösung. Gerade bei diesem Thema ist es wichtig, sich
setzt unterschiedlichste Branchen und steht auch einmal zurück zu lehnen und gut zu
in Kontakt mit zahlreichen Anwenderverbän- OPC UA – Parallele analysieren. Das Konzept muss schlagkräftig,
den, u.a. AIDA und Namur. Selbstverständlich Kommunikation aber auch zukunftsgerichtet sein und darf
sind System-, Geräte- und Basistechnologie- die Funktion der Anlagen nicht gefährden“,
hersteller vertreten. Es zeichnet sich heute ab, dass die service- bringt es Schmidt auf den Punkt. Authenti-
orientierte Architektur von OPC UA (Unified zität und Integrität sind z. B. Anforderungen,
„Wir müssen abstrakte Theorien in eine be- Architecture) ein Baustein für die Entwick- die immer stärker beachtet werden müssen,
greifbare und anwendbare Technologie lung von Industrie 4.0 sein wird. Insbeson- wenn im Zuge von I4.0 Geräte aus der Con-
umwandeln“, führt Schmidt weiter aus und dere wenn es z. B. um die Kommunikation troller- oder Geräteebene direkt an überla-
nennt ein Beispiel: „Der Zugriff auf die Daten, mit Geräten wie Bedienerstationen über der gerte Servicedienste angeschlossen werden.
die für Instandhaltungsaufgaben im Sinne Controller-Ebene oder um Produktionsdaten Gleichzeitig muss auch hier das entsprechen-
von Industrie 4.0 nötig sind, muss einfach von den Geräten zur Unternehmens-IT oder de Normenumfeld, etwa die IEC 62443, be-
sein, sonst hat dies in der Praxis keine Chance. in die Cloud geht, vor allem in einer Umge- achtet werden.
Einfachheit ist in der Regel jedoch mit stan- bung mit unterschiedlichen Anbietern. „Hier
dardisierten Mechanismen gleich zu setzen. ergänzen sich PROFINET und OPC UA perfekt, Semantik – Daten als
Das heißt, jemand muss sich mit Standards, da PROFINET eine offene Kommunikation auf wertvoller Rohstoff
Normen und Richtlinien beschäftigen und Basis von TCP/IP ohne zusätzlichen Aufwand
sie mit den bisherigen und neuen Technolo- parallel erlaubt“, benennt Schmidt einen Vor- Das Team Semantik hat sich zum Ziel ge-
gien abgleichen. Dies ist sehr zeitaufwändig, teil. Mit der gerade definierten OPC UA Pub/ setzt, bestehende PROFINET-Features im
aber es lohnt sich.“ Der Arbeitskreis hat daher Sub Spezifikation wird die heutige im Prinzip Standard zu integrieren, wobei die wich-
seine Schwerpunkte auf die Anwendbarkeit auf Punkt-zu-Punkt-Kommunikation ausge- tigsten Definitionen bei den zugrunde ge-
(also Use Cases), Technologie und Standar- richtete Client/Server-Architektur von OPC legten Standards eCl@ss und Automation
disierung gelegt. „Aus Sicht von PROFINET UA durch einen Publish/Subscribe Mecha- ML auszuwählen sind. „Das Problem hierbei
haben sich dann die Themenschwerpunkte nismus erweitert, der dann auch eine one- ist, dass die Daten maschinenlesbar sein
IPv6, OPC UA, Security, Semantik und TSN to-many bzw. many-to-one Kommunikation müssen. Und es gibt noch Auswahllisten,
herauskristallisiert. Diese werden aktuell in erlaubt. In Kombination mit TSN (Time-Sen- wo PROFINET nicht ausreichend auftaucht,
den hierfür geformten Teams diskutiert“, so sitive Networking) kann dieser Mechanismus weil es schlicht vergessen oder die Details
Schmidt. sogar echtzeitfähig gemacht werden. übersehen wurden. Hier müssen Schritt für
4 PROFIBUS & PROFINET JOURNAL | AUSGABE 1/2017